Minus 3 Schläche, plus zwei langen Pausen in den Verpflegungszonen, plus ungeplante „Laufpassagen“ wegen Atemproblemen = 90 min Zeitrückstand auf die Siegerzeit.

 

Ja es war kein einfacher Tag heute. Als um 9.00 Uhr der Startschuss fiel, lag eine kurze Nacht hinter mir, welche ich in einer sehr aufrechten Schlafposition verbrachte. Weil meine ‚Magenschmerzen‘ (welche vermutlich nicht vom Magen, sondern von den Bauchmuskeln oder vom Zwerchfell kommen) so stark waren, konnte ich mich nicht gerade hinlegen. Mit Kissen unter dem Rücken liess es sich nicht sehr gut schlafen, aber die Schmerzen waren so erträglich. Ich wollte aber unbedingt starten und deshalb versuchte ich meine Ausgangslage einfach zu ignorieren.

 

Die heutige Königsetappe führte uns von Alleghe nach San Martino di Castrozza. Nicht weniger als 76.28 Kilometer und 3’213 Höhenmeter galt es zu überwinden. Der neutralisierte Start von Alleghe verlief sehr hektisch, wie immer gab es Leute die meinten, die Etappe würde schon auf den ersten 5 Kilometern entschieden. Ich versuchte möglichst ruhig und konzentriert zu bleiben. Bis Kilometer 25 fuhren wir dann auf einer Crosscountry ähnlichen Strecke. Ein stetiges Auf und Ab mit teilweise sehr steilen Rampen kam mir entgegen. Ich fühlte mich trotz leichten Schmerzen recht gut. Die Laufpassage vor der ersten Verpflegungszone setzte mir dann aber sehr zu. Durch das Schieben des Bikes verkrampfte sich meine Muskulatur noch mehr und ich hatte grosse Probleme mit der Atmung. Wir legten dann einen etwas längeren Halt in der Verpflegungszone ein und hofften, dass es danach etwas besser gehen würde. Leider war dem nicht so.

 

Auf der Strasse Richtung Passo San Pellegrino musste ich mein Tempo arg drosseln. Nur noch „schleichend“ waren wir unterwegs und ich war sehr froh, als es endlich in die erste Abfahrt ging. Leider war die Freude nur von kurzer Dauer. Plötzlich hörte ich ein zischen und draussen war die Luft in meinem Hinterreifen. Nach einem kurzen Check des Pneus, konnte ich keinen festen Gegenstand finden und somit dachte ich an einen ‚Durchschlag‘. Ich wechselte den Schlauch und als Pim den Pneu mit einer Luftpatrone aufpumpen wollte zischte es erneut. Also das Ganze nochmals von vorne: Pneu kontrollieren, immer noch nichts finden, einen 29-Zoll-Schlauch in ein 27.5-Zoll-Rad ‚reinwursteln‘ und mit Luft füllen. Leider hatten wir nur noch wenig Luft in der Patrone und so ging es auf einem ’schwammigen‘ Reifen weiter.

 

Im Aufstieg zum Passo di Luisa ging es mir dann gar nicht mehr gut. Ich konnte kaum mehr einatmen und musste mehrere unfreiwillige ‚Laufeinheiten‘ und sogar Pausen einlegen, damit ich zwischendurch wieder richtig schnaufen konnte. Mit Pims Unterstützung kämpfte ich mich irgendwie auf den Pass. Die darauffolgende Abfahrt fuhren wir dann sehr, sehr langsam und ich versuchte mich irgendwie ein wenig zu erholen. Weil wir nun schon so viel Zeit verloren hatten, entschlossen wir, in der zweiten Verpflegungszone im Val Venigia einen längeren Halt zu machen. Wir merkten, dass es hier wie im Schlaraffenland ist und bedienten uns am vielfältigen Buffet. Auf dem Bänkli sitzend genossen wir Kuchen, Getränke, Früchte, Salzstängeli und vieles mehr :-). Irgendwie war es ein komisches Gefühl, an einem Rennen einfach eine solche Pause einzulegen, aber mittlerweile spielte das alles keine Rolle mehr.

 

Mit vollgestopften Bäuchen nahmen wir die letzte Steigung auf den Baita Segantini in Angriff. Siehe da, die Pause hat mir sehr gut getan. Ich konnte plötzlich wieder ein schnelleres Tempo fahren. Auf den 400 Höhenmetern überholten wir Fahrer um Fahrer. Dies motivierte mich natürlich zusätzlich und ich gab nochmals richtig Gas. In der Schlussabfahrt via Passo Rolle fuhr ich dann sehr vorsichtig, weil ich nur noch wenig Luft in meinem Reifen hatte. Leider hat alles nichts genützt, denn 5 Kilometer vor dem Ziel hatte ich tatsächlich nochmals einen Platten. Zum Glück war zu diesem Zeitpunkt Norbert vom 29er-Stöckliteam bei uns und gab mir seinen Ersatzschlauch. Irgendwie schafften wir es dann doch noch ins Ziel – gerade noch, bevor es anfing zu regnen.

 

Phuu, dies war sicher einer meiner schwierigsten Renntage, die ich jemals erlebt habe. Mit letzter Kraft schleppte ich mich zu unserem Hotel. Eine Nacht habe ich nun Zeit, um mich zu erholen, denn morgen geht es weiter… Unser nächstes Ziel heisst Crespano del Grappa und liegt 104 Kilometer und 2’781 Höhenmeter von uns entfernt.