Nach einem „unfreiwilligen Umweg“ erreiche ich bei der Eiger Bike Challenge das Ziel auf dem fünften Platz. Mit diesem Ergebnis konnte ich das Leadertrikot  in der Gesamtwertung der Garmin Bike Marathonserie verteidigen.

 

Die anspruchsvolle Strecke über die Langdistanz mit Start und Ziel in Grindelwald führt über 88 Kilometer und 3‘900 Höhenmeter. Nebst der grossen Scheidegg (1‘962m.ü.M.) und der First (2‘167 m.ü.M.) gilt es auch noch die kleine Scheidegg (2‘061 m.ü.M.) zu überwinden. Bei besten äusseren Bedingungen nahmen knapp 1‘000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Rennen inmitten einer imposanten Bergkulisse unter die Räder. Ich startete mit der Zielsetzung, das Leadertrikot zu verteidigen und mir gleichzeitig einen Podestplatz zu erkämpfen.

 

Unmittelbar nach dem Start folgte der lange Aufstieg auf die grosse Scheidegg bzw. auf die First. Mir gelang der Start nicht wunschgemäss. Zwar startete ich einigermassen schnell, konnte aber das von Favoritin Esther Süss angeschlagene Tempo aber nicht ganz mitgehen. Ich hatte Mühe, einen guten Rhythmus zu finden. Die grosse Scheidegg passierte ich auf Rang 4 knapp 1.5 Minuten hinter dem Spitzenduo Esther Süss und Cornelia Hug. Schweizermeisterin Ariane Kleinhans lag als Drittplatzierte nur 30 Sekunden vor mir. Ich fuhr mein Tempo weiter und passierte den Kulminationspunkt (First) immer noch auf Rang vier. Es folgte eine kurze, technisch anspruchsvolle Abfahrt, welche ich schnell „abhacken“ musste. Heuer habe ich im vergleich zu anderen Jahren doch sehr oft absteigen und schieben „müssen“. Ich versuchte aber ruhig zu bleiben, denn das Rennen dauerte ja noch ein Weilchen…

 

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Die steile Schleife über das Feld und die Bussalp gelangen mir gut. Ich fand immer besser ins Rennen und fühlte mich zu diesem Zeitpunkt sehr gut. Ich freute mich auf die Abfahrt und nahm mir vor, mich möglichst gut zu erholen. Etwa nach einem Drittel passierte uns dann ein folgenschwerer Fehler: Zusammen mit zwei Männern verpasste ich in einer rasanten Abfahrt eine Abzweigung. Die zuständigen zwei (!) Streckenposten befanden sich zu diesem Zeitpunkt aus unerklärlichen Gründen nicht auf ihrem Posten. Erst nach mehreren Kilometern wurden wir dann aufgehalten. Es standen da noch rund 20 (!) weitere Fahrer, welchen das gleiche Missgeschick passiert ist. An dieser Stelle muss ich einfach kurz sagen, dass ich wirklich etwas enttäuscht war von diesen Streckenposten. Klar, am Ende ist es immer der Fahrer, welcher „falsch“ fährt. Ich bin den Organisatoren und den unzähligen freiwilligen Helfern sehr dankbar für ihre Arbeit. Aber wenn man schon zu Zweit auf einem Posten steht, müssten sich ja nicht beide gleichzeitig entfernen!?

 

Also, nun standen wir also da und diskutierten mit einem Teil der Organisatoren, was nun zu tun (resp. zu lassen ist). Um der Disqualifikation zu entgehen blieb mir nichts anderes übrig, als wieder zur besagten Abzweigung zurückzufahren und 400 (!) zusätzliche Höhenmeter zu überwinden. Leider war von den anderen Fahrern niemand bereit, diese Strecke wieder zurückzufahren, also machte ich mich alleine auf den Weg… Dieses Malheur kostete viel Kraft und rund 45 Minuten Zeit. Ich verlor einige Plätze und hatte mit dem Ausgang des Rennens ohne eigenes Verschulden nichts mehr zu tun. Mit Blick auf die Gesamtwertung ging es nun darum, das Rennen zu beenden und trotzdem noch einige Punkte zu holen.

 

Foto: Martin Platter

Foto: Martin Platter

 

Ich versuchte mich weiter auf das Rennen und die Strecke zu fokussieren, was gar nicht so einfach war. Immer wieder fragte ich mich, wie das passieren konnte. Aber ich versuchte dann immer wieder mich selber zu pushen und weiter zu kämpfen. Nach 45 Rennkilometern folgte der sehr steile Anstieg „Bort“, bei welchem es auf 2.5 Kilometern satte 300 Höhenmeter zu überwinden gilt. Mittlerweile hatte ich wieder einen super Rhythmus gefunden und im Vergleich zu anderen Fahrerinnen keine Mühe im steilen Anstieg. Ich konnte auf die direkt vor mir liegenden Fahrerinnen Zeit gut machen und den Kulminationspunkt als Sechste passieren. Nach dem Bort folgte ein coupierter Abschnitt, mit einigen technisch kniffligen Abfahrten. Natürlich riskierte ich nicht mehr Kopf und Kragen, denn ich wusste, dass zumindest die Podestplätze ausser Reichweite waren.

 

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Nach 60 Kilometern ging es dann nochmals richtig „zur Sache“. Im Grund bogen wir ab Richtung Kleine Scheidegg. Der 10 Kilometer lange und mit 1‘000 Höhenmetern gespickte Anstieg forderte uns FahrerInnen nochmals alles ab. Vor allem auf dem letzten Drittel der Steigung mussten zahlreiche steile Rampen und eine längere Laufpassage bewältigt werden. Ich konnte auch auf diesem Streckenabschnitt den Rhythmus hoch halten, denn ich kannte diesen Teil und hatte mich mental gut darauf eingestellt. Klar merkte ich die Strapazen und die zusätzlich gefahrenen Höhenmeter, aber ich kam zum Glück ohne grössere Krise durch. Nach der letzten Abfahrt hinunter in den „Grund“ folgte der kurze Schlussanstieg hinauf ins Dorf Grindelwald. Nach 6 Stunden und 24 Minuten überquerte ich die Ziellinie schliesslich als Fünftplatzierte. Dank dieser Willensleistung führe ich vor Tagessiegerin Ester Süss die Gesamtwertung weiterhin an. Esther Süss und auch Ariane Kleinhans waren heute eine Klasse für sich. Ich denke nicht, dass ich heute gegen diese zwei Fahrerinnen eine Chance gehabt hätte.  Trotzdem ist es schade, dass ich aufgrund des unglücklichen Zwischenfalls nicht in den Kampf um die Podestplätze eingreifen konnte – um Rang drei wäre es sicher nochmals spannend geworden. Nun gilt es zuversichtlich vorwärts zu schauen. Meine Form stimmt und ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen.

 

Siegerehrung der 19. Eiger Bike Challenge am Sonntag, 14. August in Grindelwald. Foto Martin Platter

Foto: Martin Platter