Emotionen pur – Sieg – Streckenrekord… Bei meinem Lieblingsrennen nehme ich der Konkurrenz 10 Minuten ab und feiere meinen fünften Sieg in Serie. Dank einer starken Vorstellung verbessere ich meinen im Jahr 2015 aufgestellten Streckenrekord um unglaubliche 17 Minuten.
Zum fünften Mal nahm ich am traditionsreichen und prestigeträchtigen Grand Raid zwischen Verbier und Grimentz teil. Ich entschied mich, wie in den Vorjahren, die zweitlängste Strecke zwischen Nendaz und Grimentz mit 93 km und 4‘000 Höhenmetern zu absolvieren. Eigentlich hätte ich heuer die längste Strecke bestreiten wollen, aber aufgrund der nicht ganz einfachen Umstände im Vorfeld, war die Entscheidung sicher richtig, auch wenn sie nicht ganz einfach war. Das Grand Raid ist bekannt für seine tolle und technisch anspruchsvolle Strecke, inmitten der imposanten Walliser Bergkulisse. Rund 2‘000 Bikerinnen und Biker stellten sich der Herausforderung.
Nach meinen vier Siegen in den Jahren 2012 bis 2015 gehörte ich erneut zum engsten Kreis der Favoritinnen. Ich freute mich sehr auf mein Lieblingsrennen und war bereit alles zu geben. Ich habe die Strecke im Vorfeld erneut gut besichtigt und kannte deshalb praktisch jeden Meter auswendig – so wusste ich auch ganz genau, was auf mich zukam. Meine Taktik blieb wie in den letzten Jahren gleich. Ich fuhr von Beginn an ein offensives Rennen und schlug bereits im ersten Anstieg von Nendaz nach Veysonnaz ein sehr hohes Tempo an. Es gelang mir, mich sofort etwas abzusetzen. Meine Beine fühlten sich zwar nicht ganz so toll an, aber ich versuchte meinen Rhythmus trotzdem hoch zu halten. Einzig die Freiburgerin Illona Chavaillaz hielt den Rückstand mit etwas weniger als zwei Minuten in Grenzen.
Nach 25 Kilometern und 1‘000 Höhenmetern passierte ich die erste Verpflegungszone in Hérémence mit rund 4 Minuten Vorsprung auf Chavaillaz als Führende. Stéphanie Métille aus Neuenburg und die Walliserin Stéphanie Auberson folgten mit 8 bzw. 13 Minuten Rückstand. Auch in der zweiten Rennstunde drückte ich weiter aufs Tempo. Nach dem coupierten Abschnitt über Mache folge der Anstieg Richtung Mandelon. Ich fand auf dem relativ flachen Asphaltanstieg sehr schnell einen guten Rhythmus und konnte diesen voll durchziehen. Auf der Alp Mandelon angekommen, wartete nun der mit vielen Steinen „verblockte“ Höhenweg. Ich konnte in diesem Jahr noch mehr Passagen fahrend bewältigen, als im 2015. Dies motivierte mich natürlich zusätzlich. Auch die rasante Abfahrt nach Evolène gelang mir sehr gut und so konnte ich meinen Vorsprung auf die zweitplatzierte Illona Chavaillaz auf knapp 10 Minuten ausbauen. Métille und Auberson hatten zu diesem Zeitpunkt bereits über 20 Minuten eingebüsst.
Nach knapp 60 Kilometern und über 2‘000 Höhenmetern galt es nun die Steigung nach Eison und den berüchtigten Pas de Lona zu überwinden. Von Evolène nach Eison überholte ich sehr viele FahrerInnen, welche auf kürzeren Strecken (es gibt am Grand Raid 4 verschiedene Distanzen) unterwegs waren. Es war deshalb schwierig einen Rhythums zu finden, da es manchmal in den engen Passagen schwierig war, an den Mitstreitern vorbeizukommen. Ab Eison wurde dann die Strasse wieder breiter. Ich versuchte mich (wie schon in der ersten Rennhälfte), nochmals gut zu verpflegen und meine restlichen Kräfte zu bündeln. Zwar spürte ichvdie bereits gefahrenen 3‘000 Höhenmeter in den Beinen, aber ich schaffte es trotzdem, mein Tempo bis auf die Alp L’A Vieille hoch zu halten und mich selber immer wieder zu pushen.
Und dann war es so weit, es stand noch das „Zückerchen“ bevor – der Lonapass. Es ist jedes Mal aufs Neue imposant und sehr Eindrücklich, wenn du unten vor dieser „Wand“ stehst. Auf dem Wanderweg konnte ich noch ein kleines Stück fahrend bewältigen, bevor dann das Bike auf den letzten 350 Höhenmetern geschoben werden musste. Ich fühlte mich noch recht gut und konnte ein zügiges „Marschtempo“ anschlagen. Auch in diesem Jahr hatte es wieder viele Zuschauer, welche einen lautstark anfeuerten, den Berg „hochpeitschten“ und Hühnerhaut-Feeling verursachten…
Nachdem ich auch die über 30-minütige Tragpassage gemeistert hatte, überquerte ich den Pas de Lona mit über 10 Minuten Vorsprung auf die weiterhin zweitplatzierte Illona Chavaillaz. Abschliessend wartete die lange und zum Teil technisch anspruchsvolle Abfahrt Richtung Ziel in Grimentz. Aufgrund meines grossen Vorsprungs riskierte ich nicht mehr Kopf und Kragen. So überquerte ich die Ziellinie nach 5 Stunden und 52 Minuten mit einem Vorsprung von gut 10 Minuten auf die zweitplatzierte Illona Chavaillaz sowie knapp 47 Minuten Vorsprung auf die drittplatzierte Stéphanie Métille. Mit der Siegerzeit pulverisierte ich meinen eigenen Streckenrekord aus dem Jahr 2015 um unglaubliche 17 Minuten. Von den 198 klassierten Männern schafften es nur deren 10 (!) vor mir ins Ziel.
Mit meinem Rennen und dem Sieg bin ich natürlich überglücklich. Ich konnte in den vergangenen Wochen gut trainieren und wusste, dass meine Form stimmt. Einziges Fragezeichen war nur, ob die fünf Tage Erholungszeit zwischen der Eiger Bike Challenge in Grindelwald vom letzten Wochenende und dem Grand Raid reichen würde. Ich wusste, dass für einen weiteren Erfolg alles stimmen muss – und heute stimmte alles. Ich kam ohne grössere Krise über die Runde und auch die Bedingungen waren perfekt. Nicht nur meine Beine drehten super, auch meine Betreuer an der Strecke machten einen perfekten Job. Ein riesiges DANKESCHÖN an euch!!!