Mit dem Sieg an der Eiger Bike Challenge gelang mir ein kleiner „Befreiungsschlag“. Bei optimalen äusseren Bedingungen und auf einer meiner Lieblingsstrecken konnte ich in Grindelwald nach 2011 zum zweiten Mal zuoberst auf dem Podest stehen. Die guten und teilweise sehr harten Trainingsstunden der letzten zwei Wochen haben sich somit schon ein erstes mal ausbezahlt :-).

 

Gestern fand in Grindelwald das dritte Rennen im Rahmen der IXS-Marathonserie statt. Nach einer schwierigen Transalp und einer dreiwöchigen Wettkampfpause, griff ich wieder ins Renngeschehen ein. In den vergangenen zwei Wochen konnte ich sehr gut trainieren, aber trotzdem wusste ich nicht, wo ich im Vergleich mit meinen direkten Konkurrentinnen stehen würde. Mit der Zielsetzung einen Podestplatz zu erkämpfen, reiste ich schliesslich ins Berner Oberland und freute mich auf eines, meiner Lieblingsrennen. Die Eiger Bike Challenge in Grindelwald ist bekannt für ihre tolle Strecke inmitten einer imposanten Bergkulisse. Wie schon im letzten Jahr präsentierte sich für die über 1’300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Wetter von seiner besten Seite.

 

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Insgesamt hatten wir auf der Mitteldistanzstrecke 55 Kilometer und 2’500 Höhenmeter vor uns. Um Punkt 7.45 Uhr fiel der Startschuss und los ging’s Richtung Grosse Scheidegg bzw. auf die First. Im ersten Anstieg galt es nicht weniger als 1’300 Höhenmeter zu überwinden. Wie immer startete ich schnell und versuchte einen guten Rhythmus zu finden. Der lange Asphaltaufstieg kommt mir sehr entgegen und es gelang mir relativ schnell, mich von meinen härtesten Widersacherinnen abzusetzen. Ich fühlte mich gut, konnte mein Tempo hoch halten und passierte die Grosse Scheidegg mit einem Vorsprung von 1.5 Minuten auf Ramona Forchini und 3 Minuten auf Susanne Tanner.

 

Forchini ihrerseits drückte dann mächtig aufs Tempo. Es gelang ihr, den Rückstand auf mich zu verkleinern und sie folgte auf der First nur noch knapp 10 Sekunden hinter mir. In der anschliessenden, technisch anspruchsvollen Abfahrt konnte mich die starke Cross-Countryfahrerin überholen und leicht distanzieren. Auf der langen Kiesabfahrt blieb der Abstand dann konstant und ich hatte Ramona Forchini immer in Sichtweite. Im coupierten Streckenabschnitt auf die Bussalp  legte Forchini nochmals zu. Ich blieb ruhig, liess mich nicht beirren und fuhr meinen Rhythmus weiter. Aus den Vorjahren wusste ich, dass auf der zweiten Streckenhälfte, vor allem im steilen Aufstieg zum Bort und in den technischen Abfahrten noch viel passieren kann.

 

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So war es dann auch. Kurz vor dem Beginn des Bort-Aufstieges konnte ich zu Ramona Forchini aufschliessen und sie überholen. In den steilen, giftigen Rampen hinauf zum Bort konnte nun ich das Tempo forciern und Forchini distanzieren. Ich fühlte mich super und drückte ordentlich aufs Gas.  Den Kulminationspunkt im Bort erreichte ich als Erste und konnte mir somit schon mal den Bergpreis sichern. Es sollte aber noch besser kommen. Forchini musste ihrem hohen Anfangstempo Tribut zollen und verlor auf dem 2 Kilometern langen und ca. 300 Höhenmeter steilen Abschnitt 3 Minuten auf mich.

 

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Beflügelt von meiner erfolgreichen Attacke war ich natürlich sehr motiviert und wollte mir den Sieg auf den letzten 10 Kilometern nicht mehr nehmen lassen. Wohl etwas übermotiviert und im Wissen, dass Forchini eine gute Abfahrerin ist, riskierte ich etwas zu viel, fuhr zu schnell in eine Asphaltkurve und schon lag ich am Boden. Ausser einer Wunde am Knie, welche ich später nähen lassen musste, blieb alles heil und ich konnte meine Fahrt fortsetzen.

 

Nach einigen weiteren kurzen, teils ruppigen Steigungen und dem letzten Singletrail kam ich im Talboden von Grindelwald an. Nun war der Sieg zum greifen nah! Nur noch einige flache Kilometer und der Schlussaufstieg vom Talboden hinauf ins Dorf lagen vor mir. Bevor ich aber die Ziellinie überqueren konnte, musste ich nochmals einen kleinen „Schreckmoment“ überstehen. Ein Kettenklemmer zwang mich zum Anhalten und schliesslich kam nochmals ordentlich Nervosität auf. Mit den Händen konnte ich dann meine Kette befreien und die letzten zwei Kilometer in Angriff nehmen. Nach 3 Stunden und 18 Minuten war es dann geschafft und ich überquerte die Ziellinie als umjubelte Tagessiegerin. Mit 8 Minuten Rückstand folgte Ramona Forchini auf Rang zwei, Dritte wurde die IXS-Mitteldistanz-Leaderin Susanne Tanner.

 

Zieleinfahrt Grindelwald

Foto: Martin Platter

 

Dieser Sieg in Grindelwald ist für mich wirklich ein kleiner „Befreiungsschlag“. Nach der verkorksten Transalp brauchte ich recht lange, bis ich mich körperlich und vor allem auch mental erholt hatte. Ich wusste vor dem Rennen, dass ich gut drauf bin, aber ich war mir nicht sicher, ob es für einen Sieg reichen würde. Mit meinem Rennen und dem Resultat bin ich natürlich überglücklich. Nun versuche ich mich möglichst schnell zu erholen, denn schon in zwei Wochen geht es mit dem nächsten Klassiker, dem Grand Raid Verbier-Grimentz weiter.

 

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Foto: Martin Platter