Beim Grand Raid Nendaz-Grimentz konnte ich bei meiner vierten Teilnahme den vierten Sieg feiern. 18 Minuten und mehr konnte ich meiner Konkurrenz im Wallis abnehmen. Dass mir ein sehr gutes Rennen gelang, zeigt die Tatsache, dass ich meinen im Jahr 2013 aufgestellten Streckenrekord um sechs Minuten verbessern konnte.

 

 

Zum vierten Mal nahm ich am traditionsreichen und prestigeträchtigen Grand Raid zwischen Verbier und Grimentz teil. Ich entschied mich, wie in den Vorjahren, die zweitlängste Strecke zwischen Nendaz und Grimentz mit 93 km und 4‘000 Höhenmetern zu absolvieren. Das Grand Raid ist bekannt für seine tolle und anspruchsvolle Strecke, inmitten der imposanten Walliser Bergkulisse. Rund 2‘500 Bikerinnen und Biker stellten sich der Herausforderung.

 

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Nach meinen Siegen in den Jahren 2012, 2013 und 2014 gehörte ich zum engsten Kreis der Favoritinnen. Einerseits ist das sehr schön, aber andererseits hat es nicht nur meine, sondern auch die Erwartungen der „Zuschauer“ erhöht. Ich entschied mich für dieselbe Taktik wie in den Vorjahren und fuhr von Beginn an ein offensives Rennen. Bereits im ersten Anstieg von Nendaz nach Veysonnaz versuchte ich ein sehr hohes Tempo anzuschlagen und ich konnte mich sofort etwas absetzen. Einzig die Solothurnerin Michèle Wittlin hielt den Rückstand mit weniger als einer Minute in Grenzen. Nach dem geglückten Start konnte ich die Lage etwas abchecken und merkte, dass die meisten meiner Konkurrentinnen nicht mitgehen wollten respektive konnten.

 

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Nach 25 Kilometern und 1‘000 Höhenmetern passierte ich die erste Verpflegungszone in Hérémence mit rund 40 Sekunden Vorsprung auf Wittlin als Führende. Josephine Clausen aus Lausanne und Mitfavoritin Fanny Bourdon aus Frankreich folgten mit sechs bzw. neun Minuten Rückstand. Auch in der zweiten Rennstunde drückte ich weiter aufs Tempo. Der Anstieg Richtung Mandelon war für mich, anders als auch schon in den Vorjahren, ein sehr guter Abschnitt. Ich fand auf dem relativ flachen Asphaltanstieg sehr schnell einen guten Rhythmus und konnte diesen voll durchziehen. Auch der coupierte, technisch anspruchsvolle Abschnitt über die Alp und die anschliessende sehr schnelle Abfahrt nach Evolène gelangen mir sehr gut und konnte meinen Vorsprung auf die zweitplatzierte Michèle Wittlin auf knapp 10 Minuten ausbauen. Nur eine Minute dahinter folgten Clausen und Bourdon.

 

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Nach knapp 60 Kilometern und über 2‘000 Höhenmetern galt es nun noch die Steigung nach Eison und den berüchtigten Pas de Lona zu überwinden. Im Anstieg Richtung Eison versuchte ich möglichst schnell einen guten Rhythmus zu finden, was mir auch gelang. Immer wieder konnte (und musste) ich Fahrer und Fahrerinnen von den kürzeren Distanzen überholen. In Eison angekommen, folgte nun die Anfahrt Richtung Lona. Da ich die Strecke auswendig kenne, wusste ich genau, was jetzt noch auf mich zukommt. Ich verpflegte mich nochmals gut und bereitete mich mental auf die lange Laufpassage vor. Ich konnte auf die Alp L’A Vieille nochmals eine gute Pace fahren und so kam ich schliesslich ohne grössere Probleme zum Fusse des Lonapasses. Es ist immer wieder imposant und sehr, sehr Eindrücklich, wenn du unten vor dieser „Wand“ stehst und weisst, dass du jetzt da hoch musst.  Ein kleines Stück konnte ich noch fahrend bewältigen, bevor dann das Bike auf den letzten 350 Höhenmetern geschoben werden musste. Zwar spürte ich die bereits gefahrenen 3‘000 Höhenmeter in den Beinen, aber im Grossen und Ganzen fühlte ich mich auch in der Laufpassage sehr gut. Auch in diesem Jahr hatte es wieder extrem viele Zuschauer, welche einen lautstark anfeuerten und den Berg „hochpeitschten“. Immer wieder bekam ich Hühnerhaut, ein einmaliges Feeling…

 

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Foto: Didier Panchard

Nachdem ich auch die über 30-minütige Tragpassage gemeistert hatte, überquerte ich den Pas de Lona mit über 18 Minuten Vorsprung auf die nun zweitplatzierte Fanny Bourdon. Es folgte nun eine kurze Abfahrt, in welcher ich mich nochmals ein bisschen erholen konnte. Auch der finale Anstieg, welcher mit 200 Höhenmetern gespickt war, meisterte ich problemlos. Abschliessend wartete nun noch die lange und im zweiten Teil technisch anspruchsvolle Abfahrt Richtung Ziel in Grimentz. Aufgrund meines grossen Vorsprungs riskierte ich nicht mehr Kopf und Kragen. So überquerte ich die Ziellinie nach 6 Stunden und 9 Minuten mit einem Vorsprung von 18 Minuten auf die zweitplatzierte Französin Fanny Bourdon sowie knapp 20 Minuten Vorsprung auf die drittplatzierte Josefine Clausen.

 

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Mit meiner Siegerzeit verbesserte ich meinen eigenen Streckenrekord aus dem Jahr 2013 um knapp sechs Minuten, was mich natürlich zusätzlich sehr freute. Von den 232 klassierten Männern schafften es nur deren 21 vor mir ins Ziel, auch das zeigt mir, dass ich wirklich ein sehr starkes Rennen gefahren bin. Ich bin mit diesem Sieg natürlich überglücklich. Ich konnte in den vergangenen Wochen sehr gut trainieren und bin nach dem guten dritten Platz bei der Eiger-Bike-Challenge in Grindelwald mit viel Selbstvertrauen angereist. Einziges Fragezeichen war nur, ob die fünf Tage Erholungszeit zwischen den zwei Rennen reichen würde. Ich wusste, dass für einen weiteren Erfolg alles stimmen muss – und heute stimmte alles. Ich kam ohne grössere Krise über die Runde. Nicht nur meine Beine drehten super, auch meine Betreuer an der Strecke machten einen perfekten Job.

 

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